«Gott, war das ein denkwürdiger Matchbesuch als B2’ler», «Katastrophe heute im B», «Man kann nur von Glück reden, dass es heute nicht eskaliert ist»: So lauten Stimmen im FCSG-Fanforum nach dem Heimspiel gegen den FC Luzern. Zahlreiche Espen-Fans im Sektor B2 erlebten am Sonntag eine böse Überraschung, als sie das Stadion betraten. Trotz des geschlossenen Gästesektors befand sich eine Gruppe von eingefleischten Luzerner Fans im Stadion – und zwar inmitten der grünweissen Fangemeinde im Sektor B2.
Die Vorgeschichte des Ganzen: Im vergangenen Mai war es in Luzern nach dem Match Luzern – FCSG zu Ausschreitungen durch St. Galler Chaoten gekommen. Vier Menschen wurden bei den Randalen verletzt. Daraufhin beschloss die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), dass bei Partien des FCSG und des FC Luzern in dieser Saison die Gästesektoren gesperrt werden. Doch wie die jüngsten Vorfälle zeigten, schüchterte diese Massnahme einige Luzerner Fans nicht ein.
«Wo war das Sicherheitspersonal?»
Während des Spiels kam es zu Pyroshows der Luzerner Fans. Wie St. Galler Anhänger weiter berichten, seien nach dem Führungstor der Luzerner Pommes und gefüllte Bierbecher in die Menschenmenge geworfen worden. Ein besorgter Familienvater schreibt in einem Mail ans «St. Galler Tagblatt»: «Wie so oft habe ich gestern mit meiner Tochter das Heimspiel im Sektor B2 besucht...»
... Wir fühlten uns sehr unwohl, da keine offensichtlichen Sicherheitsmassnahmen vorgenommen worden sind. Was wäre gewesen, wenn die Luzerner Pyros in die schutzlosen FCSG-Fans geworfen hätten?»
Wo war das Sicherheitspersonal?: Das ist eine Frage, welche die St. Galler Fangemeinde in der Tat beschäftigt. «Das Sicherheitspersonal schaute bis kurz vor Ende des Spiels lediglich aus sicherer Entfernung zu», kritisiert ein User des FCSG-Fanforums. Ein anderer schreibt: «Ich verstehe nicht, weshalb nicht mehr Securitas dazwischen gegangen sind.» Jemand behauptet, dass den Fans nicht geholfen worden sei, obwohl sie sich beim Sicherheitspersonal beklagt hätten.
Personalisierte Tickets?
«Kann man so noch ohne Angst um die eigene Sicherheit an Matches gehen?», fragt denn auch der bereits erwähnte Familienvater. Fragwürdig findet er auch, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass sich die Luzerner unter die grünweisse Fangemeinde mischen konnten. Schliesslich hätten die Luzerner ihre Trommeln auch durch die Sicherheitskontrolle am Eingang bringen müssen. Bei einigen Fans wird gar die Forderung nach personalisierten Tickets laut. Gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» äussert sich ein Kleinaktionär des FCSG wie folgt:
Es wird Zeit für griffige Antworten von Seiten der Liga, denn die Klubs sind scheinbar nicht gewillt, das Problem mit solchen Chaoten zu lösen.
Und ein User im Forum fragt: «Wie lange will man sich von diesem Kindergarten noch auf der Nase rumtanzen lassen?» Andere hingegen bedauern, dass Aktionen wie diese möglicherweise weitere Massnahmen als Konsequenz haben werden. Denn sie sehen den Fehler klar bei den Behörden. «Der Vorfall spricht viel mehr für die Inkompetenz der Behörden als für Fehlverhalten der Fans», so eine Stimme. Die Rede ist teils gar davon, dass es dumm gewesen sei, den Gästesektor zu sperren: Nicht nur werde dadurch die Sicherheit der eigenen Fans riskiert, sondern die Sperrung bedeute auch einen grossen Mehraufwand für die SBB und die Sicherheitsleute. Roman Kohler, Kommunikationsleiter der St. Galler Stadtpolizei, sagt: «Für uns war die Situation eine zusätzliche Herausforderung.»
Zwar habe es keine Vorfälle ausserhalb des Stadions gegeben. Doch es sei eine grössere Gruppe Gästefans mit Regelzügen angereist. Diese zu kanalisieren und von den St. Gallern fernzuhalten sei aufwendig gewesen. «Der Stadtpolizei St. Gallen würde es in der Planung und im Einsatz entgegenkommen, wenn die An- und Abreise der Gästefans mit Extrazügen erfolgen würde», sagt Kohler.
Das sagen die KKJPD und der FC St. Gallen
Was sagt die KKJPD zu den Vorkommnissen vom Sonntag im Kybunpark? «Wir können nicht ausschliessen, dass weitere Massnahmen oder Anpassungen am bisherigen Vorgehen notwendig werden», heisst es am Montagmorgen auf Anfrage. Jedoch müsse dies zuerst von der Bewilligungsbehörde beschlossen werden.
Das Problem mit dem Mehraufwand für die Sicherheitsfachkräfte im Zusammenhang mit individuellen Fan-Anreisen sei bekannt und werde auf Fachebene bearbeitet.
Die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden wird sich am Dienstagvormittag mit dem Spiel in St. Gallen befassen. Ein entsprechender Antrag ist von der Stadt St. Gallen gestellt worden. Der FC St. Gallen seinerseits hat eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen des Sonntags für den Verlauf des Dienstagmorgens in Aussicht gestellt.
«Es wird Zeit für griffige Antworten von der Liga»